Abb. 1: Tiefdruckpresse und Blick in die Werkstatt an der ABK Stuttgart, ©A.K. Thaler

In der Druckwerkstatt – Tiefdruck und Flachdruck

Praxisprojekt:

Anna Katharina Thaler

In der Druckwerkstatt – Tiefdruck und Flachdruck

Von der Vorbereitung der Druckplatte bis zum Abzug: Wie entsteht eine Grafik? Anna Katharina Thaler konnte in der Werkstatt für Freie Grafik an der ABK in Stuttgart verschiedene Tiefdrucktechniken wie Kaltnadel, Ätzradierung, Aquatinta und Vernis mou (Weichgrundätzung) sowie die Flachdrucktechnik Lithografie ausprobieren. Der Blick weg von der bloßen Betrachtung einer Grafik hin zur haptischen Erfahrung der verschiedenen Materialien und den benötigten Werkzeugen macht die vielseitigen und auch kleinteiligen Arbeitsschritte sichtbar, die der Druck auf und mit dem Papier nicht preisgibt. Neben den grundlegenden Kenntnissen gehören beim Drucken selbst aber auch langjährige Erfahrungswerte dazu – die Hilfestellung in der Werkstatt für ein präsentables Ergebnis ist dementsprechend unerlässlich. Ein wenig handwerkliches Geschick, sich die Hände schmutzig machen und zugleich sauber zu arbeiten gehören ebenso dazu. Hinter jedem Blatt Papier mit schwarzer Druckfarbe verbergen sich schweres Gerät, Feingefühl und weitergegebenes Wissen.

Tiefdruck: Kaltnadel, Ätzradierung, Aquatinta, Vernis mou

ABK Werkstatt für Freie Graphik (Radierung) (letzter Zugriff 02.06.2021)

Kurs bei Thomas Ruppel

Für alle vier Techniken:

- Vorbereitung der Druckplatte

Um überhaupt die Metallplatte mit Radiernadel oder Säure bearbeiten zu können, muss diese poliert und geglättet werden. Mit Schleifpapieren in verschieden feiner Körnung und zusammen mit Wasser wird die Oberfläche geglättet, damit keine ungewollten Vertiefungen Farbe aufnehmen können und später Störungen im gedruckten Motiv erzeugen. Zusätzlich werden die eckigen Kanten der Platten abgeschrägt bzw. facettiert (Abb. 6); ansonsten würde das Papier unter dem Druck der Presse an den scharfen Plattenkanten durchgerissen werden.

- Einfärben der Druckplatte

Die Druckplatte und Druckfarbe werden leicht erwärmt, damit die mit der Walze auf die gesamte Platte aufgetragene Farbe besser in die Vertiefungen fließt und sich verteilt. Danach wird vorsichtig mit Zeitungspapier oder Gaze über die Platte gewischt, um die Farbe von den glatten Flächen wieder zu entfernen. Hier darf nicht zu viel Druck ausgeübt werden, sonst wird die Farbe aus den vertieften Linien oder geätzten Flächen wieder herausgewischt. Um den letzten Farbfilm von den glatten Flächen abzutragen, wird sowohl mit der Handkante und dem Handballen oberflächlich über die Platte gewischt – vor allem Übung, aber auch Gefühl sind dabei erforderlich. Nun sind die eigenen Hände partiell mit Farbe bedeckt, die nicht allzu einfach abzuwaschen ist. Davon wird während des Druckprozesses auch abgesehen, denn für jeden einzelnen Abzug muss die Platte neu eingefärbt werden. Dieses Vorgehen hat sich wie vieles bei der Druckgrafik in den letzten 500 Jahren kaum verändert.

- Druck an der Presse

In der Werkstatt der ABK kann auf einer alten Kupferdruckpresse gedruckt werden (Abb. 1). Die eingefärbte Platte wird auf den Presstisch gelegt und darüber ein zuvor angefeuchtetes Papier. Damit das durch den Druck der Zylinder austretende Wasser aus dem Papier aufgefangen wird, und auch eine gewisse Biegsamkeit besteht, wird ein Filz aufgelegt. Anschließend wird mit etwas Kraftaufwand und konstanter Geschwindigkeit am Sternrad gedreht, um Platte, Papier und Filz unter dem Zylinder durchzuschieben. Der Filz wird jetzt abgenommen und das nun bedruckte Papier vorsichtig von der Platte gezogen und zum Trocknen abgelegt. Für jeden weiteren Druck muss die Platte neu eingefärbt werden.

Kaltnadel(radierung)

Zinkplatte und Kaltnadel (Abb. 2)

Bei dieser Technik wird unmittelbar mit der Kaltnadel in die Metallplatte gezeichnet und gekratzt. Es braucht eine ruhige, kontrollierte Hand, die aber auch Kraft ausübt. Es wurde versucht verschiedene Linien, Schraffuren und Tiefen auszutesten (Abb. 3). Fazit: Übung. Und noch mehr Übung. Abb. 4 und 5 zeigen zudem, dass auch beim Einfärben der Platten ein großer Spielraum besteht. Auch hier ist Erfahrung notwendig, die vor allem auch gezielte Ergebnisse erzeugen kann.

Ätzradierung

Die Platte wird mit einem säurebeständigen Ätzgrund überzogen, einer Mischung aus Harz, Wachs und Asphalt – je nach Werkstatt, Erfahrung oder Drucker variieren die Rezepte. Wichtig ist, sowohl Vorder- als auch Rückseite der Platte zu überziehen, denn die Rückseite soll im Säurebad natürlich nicht geätzt werden. Nach dem Auftragen des Ätzgrundes wird in diesen das Motiv gezeichnet, also das Kupfer wieder freigelegt, denn dort ätzt dann die Säure die Linien in die Metallplatte (Abb. 6 obere Hälfte der Kupferplatte). Wie lange die Platte im Säurebad liegt, hängt davon ab, wie tief die Linien werden sollen. Es kann auch mehrstufig geätzt und jeweils Bereiche auf der Platte mit Ätzgrund abgedeckt werden, um den Ätzprozess aufzuhalten.

Aquatinta

Die Aquatinta Technik ermöglicht verschiedene, flächige Tonwerte herzustellen. Dabei wird die Druckplatte mit einer körnigen Schicht aus Harz oder Asphalt überzogen. Jene Bereiche, die nicht geätzt werden sollen, werden mit dem säurebeständigen Ätzgrund abgedeckt (Abb. 6 untere Hälfte der Kupferplatte und Abb. 9).

Die Gestaltung des Motivs auf der Platte hat zudem angeboten, sich auch beim Druckprozess auszuprobieren: So wurde erst nur der obere Teil der Platte, also die Ätzradierung, eingefärbt und gedruckt. Anschließend wurde nur der untere Teil der Platte mit der Aquatinta eingefärbt, auf das schon bedruckte Papier gelegt und erneut gedruckt. So konnte das Motiv überlappend gedruckt werden. Interessant dabei war zu sehen, wie viel Druck ein angefeuchtetes Papier aushalten kann. Zudem musste präzise gearbeitet werden, damit beim zweiten Druckvorgang kein zweiter Plattenrand sichtbar wird.

Vernis mou (Weichgrundätzung)

Bei dieser Technik wird, wie der Name sagt, ein weicherer Ätzgrund verwendet. Um das Motiv auf die Platte zu bringen, wird auf den aufgetragenen Ätzgrund ein Papier gelegt, auf das dann mit Bleistift gezeichnet wird. Der Druck, der durch den Bleistift ausgeübt wird, führt dazu, dass das Papier auf der Platte oberflächlich kleben bleibt. Anschließend wird das Papier abgezogen und an den leicht angedrückten Stellen hebt sich der Ätzgrund mit ab. Diese freigelegten Stellen sind leicht körnig und erinnern an eine Kreidezeichnung. Anschließend wird die Platte ins Säurebad gelegt.

Flachdruck: Lithografie

ABK Werkstatt für Freie Graphik (Lithografie) (letzter Zugriff 02.06.2021)

Kurs bei Frank David Hoffmann

Die Lithografie (auch Steindruck) geht auf Alois Senefelder um 1800 zurück. Verwendet wird ein Kalkstein, der zur Vorbereitung geschliffen werden muss. Dabei werden zwei Steine unter Zugabe eines Schleifpulvers und mit Wasser aufeinander gerieben, bis sie glatt sind. Wichtig ist, dass die Fläche eben bleibt. So wird dies während des Schleifens immer wieder mit einer Wasserwaage überprüft.

Gezeichnet wird direkt auf den Stein. Das kann mit Lithografiekreide geschehen, aber auch ein handelsüblicher Kugelschreiber kann dafür verwendet werden.

Danach wird der Stein präpariert, um die wassererhaltenden und wasserabstoßenden Eigenschaften zu halten (ausführlich zum Präparieren und mit erklärenden Abbildungen siehe: Fons van der Linden: DuMont’s Handbuch der grafischen Techniken, Köln 1983, S. 170-173.)

Erkenntnis aus der Werkstatt: Obwohl die Lithografie an sich ein nicht allzu kompliziertes Verfahren darstellt und im Kurs einleuchtend und präzise erklärt wurde, ist die Ausführung der verschiedenen Schritte beim Präparieren dann doch nicht ganz so einfach. Angelesene Vorkenntnis hilft zwar die verschiedenen Schritte einzuordnen, aber die tatsächliche erstmalige Umsetzung ist dennoch herausfordernd.  

einführende Literatur zu den Drucktechniken (Deutsch/Englisch)

Bamber Gascoigne: How to Identify Prints. A complete guide to manual and mechanical processes from woodcut to inkjet, 2. Auflage, London 2004.

Beth Grabowski; Bill Fick: Drucktechniken. Das Handbuch zu allen Materialien und Methoden, überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Köln 2016; engl. Ausgabe: Printmaking. A complete guide to materials & processes, 2. Auflage, London 2015.

Fons van der Linden: DuMont’s Handbuch der grafischen Techniken, Köln 1983.

Ernst Rebel: Druckgrafik. Geschichte und Fachbegriffe, 2. aktualisierte Auflage, Stuttgart 2009.